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Die Minoritenkirche

Die Minoritenkirche

Die Kirche des ehemaligen Minoritenklosters in Tulln, gegründet angeblich schon 1225, wurde 1807, anlässlich der Aufhebung, vom Religionsfond an die Stadt mit der Auflage übergeben, den Gottesdienst zu erhalten. Das Kloster und dessen Werte dagegen verwertete der Staat. Das Kirchenensemble blieb, da keine pfarrlichen Aktivitäten stattfanden, bis auf kleinere Einbauten (elektrisches Licht, Wasseranschluss) völlig unverändert erhalten. Es besteht aus der Kirche mit der Unterkirche, der angeschlossenen Sakristei, einer angebauten Loretokapelle mit darunterliegender Einsiedelei.

Zur Baugeschichte wäre zu sagen, dass ergrabene Reste eines gotischen 5/8-Chors heute im Keller des Klosters, heute Rathaus, zu sehen sind. Der Konvent war in der Reformationszeit ausgestorben. Nach seiner Wiederansiedlung zeigten sich die Gebäude baufällig. Im frühen 18. Jahrhundert hatten sich genug „Gutthäter“ gefunden, um ab 1732 eine barocke Saalkirche völlig neu zu errichten, die 1739 geweiht wurde.

Damals wurde auch das Patrozinium verändert. Während die alte Kirche Maria Verkündigung geweiht war, wählte man nun „moderne“ Patrone, die in der Barockzeit beliebte Maria Immaculata (Unbefleckte Empfängnis) und Johannes von Nepomuk (1729 heiliggesprochen), der als Patron gegen Wassergefahren und der Beichtväter der gefährdeten Lage des Klosters an der Donau und der Tätigkeit der Patres sehr entsprach.

Das Äußere der Kirche ist bis auf Putzfeldergliederung schmucklos, der dem Eingang vorgelagerte Turm wurde erst 1889 erhöht und mit einem Helm nach dem Vorbild der Pöchlarner Kirche versehen.

Im Inneren ist das Langhaus mit Platzelgewölben in schlichtem Weiß gehalten, das Presbyterium mit Halbkreisapsis dagegen in Stuccolustro in roten, braunen und grünen Tönen gestaltet.

Im Chor steht ein Sarkophagaltar mit von Engeln flankiertem vergoldetem Tabernakelaufsatz, bekrönt von einer Kopie der Mariazeller Madonna. Hinter ihm erlaubt eine vergitterte runde Öffnung einen Blick auf den Altar der Unterkirche, der die Aufbahrung des hl. Johannes zeigt. Die Seele des Heiligen kann so direkt in die himmlische Herrlichkeit aufsteigen, dargestellt im Wandgemälde hinter dem Hochaltar. Hier wird Johannes durch die Vermittlung der Immaculata zur Dreifaltigkeit in den Himmel geleitet. Interessant ist die Darstellung der Trinität: Jesus wird in einem Gnadenstrahl, der von Gottvater auf die Madonna herabweist und das alte Patrozinium der Verkündigung einschließt, als VERBUM („und das Wort ist Fleisch geworden“, Joh. 1,14) dargestellt. Begleitet wird das Bild von den Statuen der beiden „großen“ Johannes, dem Täufer und dem Evangelisten.

Im Langhaus finden sich beidseitig unter den Fenstern je zwei Altarnischen. Die beiden vorderen Altäre, mit Tabernakeln versehen, sind den Heiligen des Ordens geweiht. Der rechte zeigt das „vera effigie“ (wahre Abbild) des Ordensgründers Franziskus, das Tabernakelrelief den Heiligen in der Kirche kniend, wie er einem geschenkten Lamm das Beten lehrt. Als Assistenzfiguren stehen die Heiligen Judas Thaddäus und Mauritius daneben. Gegenüber befindet sich der Altar des hl. Antonius von Padua. Sein Bild zeigt ein in den Franziskaner- und Minoritenkirchen sehr verbreitetes Sujet, den jungen Heiligen mit Buch und Lilie. Das Jesukind steht hier als Stuckfigur darüber. Der Tabernakel erzählt die Legende vom Ketzer, dessen Esel vor dem Heiligen mit dem Allerheiligsten die Knie beugt. Begleitet wird der Altar von Statuen der Bischöfe Blasius und Erasmus.

Die beiden hinteren Altäre widmen sich den Anliegen des Volkes. Der rechte Altar ist dem hl. Josef geweiht, durch das Aufsatzbild „Maria hilf“ und die Assistenzfiguren der Eltern der Gottesmutter, Anna und Joachim, erfasst er aber die ganz heilige Familie. Familie war das Netzwerk, in das der barocke Mensch notwendig eingebunden war. Auf der linken Seite wird der größten Nöte der Zeit gedacht. Der hl. Florian als Patron gegen Feuersgefahr ziert das Altarbild, die Nebenfiguren zeigen die Pestheilige Sebastian und Rochus, ein kleines Relief die hl Rosalia und das Aufsatzbild die weniger bekannte Pestheilige Thekla.

In den Platzelgewölben des Langhauses sind Szenen aus dem Leben des hl Johannes von Nepomuk dargestellt: unter dem Mönchs- und Musikchor die „Beichte der Königin“, oberhalb die Gefangennahme des Heilige vor König Wenzel, dann der Heilige als Prediger, seine Wallfahrt nach Altbunzlau und schließlich sein Brückensturz.

Auch die eindrucksvolle Kanzel ist seinem Gedächtnis mit dem Relief der Bergung seiner Leiche aus der Moldau gewidmet, ebenso der Altar in der Unterkirche. Hier wird der Aufgebahrte von der Königin von Böhmen beweint. Die Seitennischen der mit zartem Bandlwerkstuck gezierten Unterkirche sind mit Kolumbarien ausgestattet, von denen nur einige belegt sind.

An die Kirche schließt im Norden eine Loretokapelle mit ihrer schwarzen Madonna an, ein Nachbau des Hauses Marias, in dem die Verkündigung stattgefunden hatte. Dieses Gebäude ist älter als die Kirche und steht wohl mit dem alten Patrozinium in Verbindung. Unter diesem Andachtsraum ist eine barocke Eremitage eingerichtet. Die Wände ihrer zwei Zellen sollen mit der groben Schlackenverzierung wohl an die Höhlen erinnern, in die sich der hl Franz von Assisi immer wieder zurückgezogen hatte. Zwischen ihnen liegt ein schmuckloser, fensterloser Raum, der wohl als Klosterkerker gedacht war. Eine kleine Kapelle mit einer Heiliggrabnische ergänzt das Ensemble.

Auch die Sakristei mit einem intarsierten Schrank, datiert 1746, ist noch unverändert mit ihrer barocken Einrichtung erhalten.

Text

Walpurga Oppeker

Fotos

Von Bwag - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, Link
Walpurga Oppeker

Minoritenkirche Tulln